Musik

Mo
22.05.2023

20 Uhr
Einlass 19 Uhr
Kneipe

AK € 15

 

Musikbands sind gerade nicht so erfolgreich wie Solokünstler, zumindest wenn man in die aktuellen Charts schaut. Manche meinen sogar, dass klassische Bands fast ein Auslaufmodell sind. Es gibt aber auch Gegenbeispiele: Die Band Hotel Rimini hat sich vor etwa zwei Jahren in Leipzig gegründet. Das Besondere bei der Gruppe: Einflüsse von klassischer Musik sind fast wichtiger als ein Gitarrenband-Sound. Nun erscheint die erste EP mit dem Titel „Die Zeit schlägt mich tot, aber ich schlag zurück“.

„In der Band kenne ich mich wahrscheinlich am schlechtesten aus, was die Indie-Szene angeht“, sagt Annegret Enderle, die in der Band Violine spielt. „Ich komme aus der klassischen Musik und orientiere mich wahrscheinlich am meisten daran – was ich nicht als Nachteil empfinde. Jeder kommt mit seinem Erfahrungsschatz und bringt das dann ein.“
Vor fast zwei Jahren ging es los. Sechs Musiker und Musikerinnen aus unterschiedlichen Bereichen fanden zusammen: Einer kommt aus dem Indie-Rock, andere aus dem Jazz. Manche sind auch Theatermusiker, der Sänger arbeitet sonst als Schauspieler. Enderle schreibt Bühnenmusik und ist Geigenlehrerin. Das Songwriting ist klassisch-konventionell, man denkt zum Beispiel an Element of Crime und die Beatles. Vor allem die Streicher verleihen der Musik eine warme, nostalgische Note.

„Wir haben noch das Cello und wir haben den Bass, der auch sehr kammermusikalisch spielen kann, wenn er streicht“; sagt Enderle. Die Band könne sich zu einem fast klassischen Streichtrio erweitern. Wenn der Schlagzeuger Jakob das Horn auspacke, seien sie schon zu viert mit klassischen Instrumenten. „Wir sind da nicht nur begleitend tätig, sondern haben eine tragende Funktion.“

Diese Melange aus eleganten Streichern und Gitarre mit Drums passt zur rauen Stimme von Julius Forster, der Klavier spielt und die Texte schreibt. Eindeutige Liedzeilen will er vermeiden. Raum für freie Assoziation ist ihm wichtiger.
Mit dem Song „Arbeit und Struktur“ ist ihm das gelungen. Es geht darum, dass Entscheidungsfreiheit manchmal auch eine Last sein kann und ein strukturierter Alltag vielleicht Vorteile bietet. Aber der Songtitel spielt auch auf das gleichnamige Buch von Wolfgang Herrndorf an, der 2013 verstarb. Es enthält Blog-Einträge Herrndorfs über sein Leben mit einem Gehirntumor.
Eine Textstelle habe ihn zu einer zentralen Liedzeile inspiriert, aber es sein kein Song über das Buch, sagt Forster. „Bei ihm ist es ein ‚sich-in-Arbeit-und-Struktur-stürzen‘, um einer Depression oder Lethargie zu entfliehen, die aus der Krebserkrankung herauskommt, bei uns hat das jetzt eine ganz andere Bedeutung“, so Forster. „Da geht es eher darum, dass man an Alltagsbewältigungen scheitert oder mit Vergänglichkeit hadert.“

Der EP-Titel „Die Zeit schlägt mich tot, aber ich schlag zurück“ ist melancholisch und kämpferisch. Er stammt aus einer Liedzeile. Forster singt über Entfremdung bei einem Besuch in der alten Heimat, und er singt über das Gefühl, in der Zeit und bei Dating-Apps hängen geblieben zu sein, während die Bekannten schon Familien gründen und Häuser bauen. Forster gelingen so ganz konkrete Bilder und greifbare Situationen.
Paul Pötsch, Gitarrist der Gruppe, kann sich mit den Texten identifizieren: „Wenn man probiert, wirklich poetisch zu sein in der Sprache, ist es vielleicht anstrengender, aber es hat eine größere Nachhaltigkeit.“ Das Tolle bei Julius‘ Texten sei, dass sie immer wieder mit Versatzstücken aus der Gegenwart gespickt seien.

Pötsch ist kein Unbekannter. Sonst ist er zum Beispiel Sänger und Gitarrist bei der Indierock-Band „Trümmer“. Die Aufnahmen von Hotel Rimini klingen aber filigraner, die Band setzt ihre Instrumente ganz gezielt ein. Und so schafft die Musik es manchmal auch, den Gesang zu konterkarieren.
„Die Streicherinnen haben da etwas, dass sie den Schmerz der Texte, den Verlust, die Melancholie, die Trennung und all diese Themen, die behandelt werden, mit einer Leichtigkeit auffangen und sagen: Eigentlich ist es doch gar nicht so schlimm und gehört eben dazu“, sagt Pötsch. „Wir verwandeln das jetzt in eine Form der Zuversicht.“
Das klappt auf der Debüt-EP schon ziemlich gut. Es gibt nicht viele Gruppen in der deutschen Musikwelt, die Songs mit so einer Besetzung komponieren und spielen können. Stilistisch zehrt die Musik zum Teil aus der Vergangenheit und trotzdem wirken die Songs gegenwärtig. Auch das macht Hotel Rimini so interessant, so dass man auf den ersten Langspieler der Gruppe gespannt ist.

(Quelle: Deutschlandfunk Kultur)

https://www.hotelrimini-band.de
https://www.instagram.com/hotel_rimini_/
https://www.facebook.com/hotelrimini.musik/

Veranstalter*innen: zakk